Wie sich ja herumgesprochen hat, war das Haus Küneth-Radeloff persönlich bei den Olympischen Spielen 2012 in London vertreten. Die Weblinks rechts (paradox, ich weiß) erzählen einiges dazu. Manches klingt pathetisch, und ja: Die Gratwanderung zwischen Information, Freude und Eigenlob ist schwierig. Sorry, falls es nicht immer klappen sollte. Jedenfalls: Es kamen nun verständlicher Weise Fragen, wie sich das in allen Einzelheiten zugetragen hat. Um dem gerecht zu werden, und natürlich die aufregende Zeit mit Freunden zu teilen, gab es in 2012 diesen Blog - und es gibt eine Bildergalerie.

Es gibt aber noch einen Grund. Olympische Spiele werden oft kontrovers diskutiert: Das Flair des universellen sportlichen Großereignisses steht gegen die Kritik an den Kosten und an den ökologischen Nachteilen. Das Problem: Der Blick hinter die Kulissen, das objektive Bild, ist den meisten kaum möglich. Wir -die Leser dieser Zeilen und ich- haben nun ein Stück weit diese Chance. Das möchte ich gerne ermöglichen.


From a distance - Rückblick und Schluss

Pünktlich zu all den Jahresrückblicken möchte ich den Olympic Blog mit meiner eigenen Rückschau abschließen. Aus vier Monaten Entfernung  - was nehme ich mit von diesem einzigartigen Jahr ? Was könnt Ihr als Leser meiner Story mitnehmen ? Eine lose Sammlung:

  • Persönliche Highlights: Neben den Medaillen zu stehen und zu denken: "Ups, diesmal sind es die 'echten' !" Die Eröffnungsfeier live miterleben und wissen, dass eine Milliarde Menschen zusehen. Auf ein Scoresheet "Gold Medal Match" zu schreiben. Mit meinem Team zwei Wochen lang eine fehlerlose Leistung abzuliefern. Einmal mehr mit den TOP 50 der Welt auf Tuchfühlung zu sein - man kennt sich einfach, im großen Wanderzirkus. Auf dem Nullmeridian in Greenwich zu stehen. Meiner Höhenangst die Rote Karte zu zeigen und mit dem London Eye fahren. Und natürlich die Ehrungen durch meine Heimatstadt Rehau.
  • Persönliche Kritikpunkte: Wieso müssen sich Leute, die gerade Olympiasieger geworden sind, eigentlich immer besaufen, Trikots zerreißen, Schiffe demolieren oder sich anderweitig wie Neandertaler aufführen ? Und wieso begreifen Sponsoren nicht, dass sie sich mit ihren extremen Exklusivitäts-Allüren lächerlich machen ?
  • Das Konzept: Olympia darf man sich nicht als Turnier denken, sondern als Ausstellung. Dann ist das Konzept durchgängig logisch und sinnvoll.
  • Als reine Sport-Veranstaltung funktioniert es nicht: Sportler werden vier Jahre lang auf dieses eine Ziel getrimmt. Alles oder nichts. Die gut 100 Wettkämpfe, die z.B. Tischtennis-Spieler binnen vier Jahren absolvieren, müssen sich dem einen Wettkampf unterordnen ?  Das ist unsinnig, unökonomisch und wird der Würde des Sportlers und seiner Leistung nicht gerecht. Die Kritik der Aktiven an der Art der Sportförderung spricht da Bände - ebenso wie die "Blackouts" von Favoriten pünktlich bei Olympia, und ebenso wie die Doping-Problematik.
  • Als Sport-Ausstellung hingegen, als Expo für Sportarten statt Länder, ist es eine Riesensache: Es bringt Menschen zum Sport, die sich vorher nicht dafür interessiert haben. "Das ist ja toll, da schicke ich meine Kinder auch mal hin" - und schon sind sie weg von der Straße. Es gibt Menschen Motivation, Selbstwertgefühl und Sozialkompetenz - denkt an die 70.000 Freiwilligen, die "Games Makers"; an die Menschen, die die Flamme ein Stück tragen durften; an die Sportler und Funktionäre selber. In uns allen hat London 2012 das Gefühl hinterlassen, etwas Tolles getan, geleistet und erlebt zu haben. Die Flamme (Bild unten) ist dafür ein wirklich emotionales Symbol.   
  • Ich habe interessante Bekanntschaften geschlossen, so wie oben beim "Trikottausch" mit He Xiao, dem Chefdolmetscher der chinesischen Tischtennis-Delegation, der auch die Racket Control seines Teams betreut. Wir kennen uns schon seit etlichen Turnieren und haben viel Zeit zum Plaudern, weil er ja praktisch immer bis zum Finale ständig antanzen muss. Und O Wunder: Chinesen sind ganz normale Menschen. 😉  (Wir haben natürlich nicht über Politik gesprochen...)
  • Ich habe mir die Meinung gebildet, dass der öffentliche Nutzen Olympischer Spiele entscheidend vom Austragungsort aushängt, und damit auch die Berechtigung, Milliarden dafür auszugeben. London-Stratford von einer Industriebrache in einen Landschaftspark verwandelt - sehr gut. Olympia in Garmisch, wo alles schon schön ist und man es nur kaputtmachen kann - da verstehe ich die Bedenken.
  • Ich habe zwölf Monate meines Lebens als, sagen wir, B-Promi gelebt. Ich habe ungefähr ein Dutzend Presse- und Radiointerviews und eins im Regional-TV gegeben, saß bei zwei Sendern im Studio und davon einmal zu einer einstündigen Livesendung (wer einen Mitschnitt auf CD möchte: hab ich ...); ich war das Aushängschild meiner Heimatstadt für eine Sport-Bewerbung. War alles echt spannend, aber ich weiß jetzt auch, dass ich das nicht dauerhaft anstreben würde. Man kommt nämlich zeitweise nicht mehr zu seiner normalen Arbeit - Du hast nur noch das Organisieren von Medienterminen und das Formulieren von Botschaften im Kopf. Alle Medien haben mich freundlich und konstruktiv behandelt und ihren Job gut gemacht. Ich würde das Ganze auch jederzeit wieder tun. Nur auf Dauer ist es doch anstregend, so zu leben. Jetzt weiß ich, warum persönliche Manager, PR-Berater und ähnliches wirklich unverzichtbar für Promis sind. 
  • Ich habe noch nie im Leben eine so große Einkaufstour gemacht: Zum Shopping nach London - wer in meinem Bekanntenkreis kann das schon von sich behaupten ? Ein Sakko (O-Ton der Damenteams aus der Bayernliga: "endlich mal was Schickes für Schiedsrichter"), zwei Uniformhosen, zwei Oberhemden, zwei Freizeithosen, zwei Sporttrikots, ein Paar Sportschuhe, ein Hut, eine Mütze, ein Regenschirm, eine Regenjacke, zwei Taschen - alles zum Behalten und das für Null Pfund. Isabel hat gesagt: "Du siehst nicht aus, als kämst Du vom Sport." 😁 Nebenbei war es auch das erste und einzige Turnier, bei dem ich mal ein paar (wenige) hundert Euro "verdient" habe - die Tagespauschalen waren halt auch olympisch und nicht, wie sonst, null-auf-null...
  • Und es hat mich viel weniger Rennrad-Kilometer gekostet als gedacht: Das Jahr ist heute mit 3535 km zu Ende gegangen, das sind nur 303 weniger als 2011, obwohl ich ja den ganzen Juli nicht gefahren bin, um kein Risiko einzugehen.
  • Achja, und zu guter Letzt: Ihr alle. Ich habe mich riesig gefreut über all das Daumendrücken, Mitfiebern und hier Mitlesen. Ich kenne ja die Zugriffszahlen und die sprechen für sich. Aber auch all die neugierigen Fragen davor und danach waren toll - zeigen sie doch, dass man mit einem kleinen, aber umso feineren Freundeskreis die richtige Wahl getroffen hat. Dankeschön!

Zur Anreicherung entsteht nun gerade die Olympic Picture Gallery , die ich in 2013 noch nach und nach mit einer Auswahl meiner 750 Fotos aus London bestücke (und ein bisschen von den 2000, die meine Kollegin Claudia Möller gemacht hat).

Das wär's. Wie ich zu meinen Schiedsrichterkollegen immer sage: See you next time, anywhere in the world !

Die höchste Ehre

Das Beste kommt immer zum Schluss. Nicht der VIP-Platz bei der Eröffnungsfeier, nicht der Griff nach den Medaillen waren die größte Ehre an meiner Olympia-Teilnahme. An erster Stelle stehen für mich die überraschenden Auszeichnungen meiner Heimatstadt Rehau, die sie mir im Rahmen unseres diesjährigen Herbert-Kern-Gedächtnisturniers hat zuteil werden lassen:

Oben: Der Eintrag ins Goldene Buch der Stadt.
Unten: Die Verleihung des Sport-Ehrenpreises der Stadt Rehau an mich und einen meiner besten Freunde, Arndt Peckelhoff, die wir die Väter des inzwischen 18 Jahre alten Turnier-Babys sind.
Fotos: Frankenpost

Seit vielen Jahren habe ich mir gewünscht, für meine Heimatstadt auch aus 350 km Entfernung etwas tun zu können, was ihr nützt. Die Ebene des Sports schien dafür am geeignetsten zu sein. Die Stadt gibt mir nun das Feedback, dass sowohl Arndts und mein Breitensportturnier als auch meine Vertretung Rehaus bei Olympia eine Werbung für die Stadt und den Sport sind.

Eine schönere Botschaft kann es nicht geben, und anders als sonst kann ich sagen: Darauf bin ich nun richtig stolz.

Die ganze Geschichte hier und hier in der Frankenpost vom 3.9.2012.
Und eine Fortsetzung namens Mission Olympic gibt es noch obendrauf.

Vor meiner Abreise am 30.8. nach Rehau habe ich zu Isabel gesagt: "Ich möchte nicht wissen, was da am Wochenende noch auf mich zukommt." Jetzt muss ich mich von dem, was des Wegs gekommen ist, erst mal erholen (im positiven Sinn). 😀

Rogge und Coe sagen Dankeschön

Mit einer Urkunde und einer Medaille haben sich IOC-Präsident Jacques Rogge und der Chef des Londoner Organisationskommittees LOCOG, Sebastian Coe (den älteren unter uns noch als bester 1500m-Läufer Großbritanniens bekannt), bei allen Offiziellen bedankt. Vordruck und Auto-Pen hin oder her - es ist einfach eine nette Geste, die einem zeigt dass man als wichtiger Teil der Spiele wahrgenommen wurde. Und wer hat schon eine Urkunde mit den fünf Ringen drauf ? Kommt natürlich noch in einen hübschen Rahmen.

Ich überlege noch, ob ich die Oyster Card (ist ja doch eine "Olympic Games Edition") mal in ebay stellen soll ... 😁

In der Zwischenzeit geht es schwer auf die Paralympics zu, und was ich dabei empfinde, ist: So muss es wohl sein, wenn man Kinder in der Schule hat: Man macht alles noch ein zweites Mal mit, diesmal nicht persönlich, sondern aus der mittelbaren Perspektive.

Über weitere Pros und Cons, die mir zu Olympia eingefallen sind, berichtet dann der nächste blogbeitrag. Achja, und die Medien haben noch einmal zugeschlagen: Am 17. August war ich zu einer einstündigen (!) Livesendung im Garmischer Studio von Radio Oberland. Das übliche Gesprächs-Musikmix-Format. Hätte ich auch nie gedacht, dass ich mal im Leben 1. solche Termine überhaupt bekomme und 2. dann auch noch völlig unaufgeregt wahrnehme. CD-Kopie des Mittschnitts liefere ich gerne auf Anfrage ...

Pro und Contra

Die ersten 10% meines Terabytes im Kopf sind nach fünf Tagen sortiert. Das bringt mich zu dem versprochenen Resumee. Also - was spricht für, und was gegen diese Veranstaltung, wenn man die Chance hatte, ihren Pulsschlag umittelbar zu fühlen ? (Der Blog wird natürlich auch danach noch weitergehn - es sind ja noch 900 Gigabyte übrig...)

Gründe, für Olympia zu sein

  • Ab der zweite Reihe der Athleten merkt man: Dabeisein ist alles. Sie sind (und waren es schon bei der Qualifikation) überglücklich, hier zu sein, setzen sich ein Minimalziel und geben alles, um es zu erreichen. Wenn sie ausgeschieden sind, setzen sie sich zufrieden auf die Sportlertribüne und genießen die restliche Zeit.
  • Olympia ist die Weltausstellung des Sports: Es zieht Zuschauer an, die noch nie bei dieser Sportart waren. Sie haben z.B. Tickets fürs Tischtennis bekommen und schauen sich das mal an. Ein paar Hundert von ihnen bleiben hängen und gehen in einen Sportverein - und schon haben wir wieder Sozialpolitik gemacht: Jugendliche weg von der Straße, Menschen sozial integriert, all das, was ich immer als die wichtige Rolle des Sports bezeichne.
  • Dadurch haben umgekehrt auch die Teilnehmer jeder Sportart mal was Besonderes an den Zuschauern, und das macht das "olympische Flair" aus - zum Beispiel habe ich schon oft 5000 Zuschauer erlebt, aber noch nie, dass die mit 100 Flaggen ausgestattet "Deutschland ! Deutschland !" skandiert haben. Ich bin auch noch nie durch eine Stadt gelaufen, habe zahllose Gleichgekleidete getroffen und auf die Schulterklappen geschaut um zu sehen: Na, von welcher Sportart bist DU ?
  • Es ist das größte teambuilding-event aller Zeiten: 70.000 (siebzigtausend) Games Makers, also freiwillige Helfer, haben diese Spiele ermöglicht und uns Teilnehmern das Leben massiv erleichtert. Sie alle sind auf Freundlichkeit, Sachkenntnis, Überblick und Zusammenarbeit trainiert worden. Eigenschaften, die sie in ihrem weiteren Leben behalten und -auch durch ihre Begeisterung über das Erlebte- an ihre Freunde und Familien weitergeben werden.
  • Das Gleiche gilt für den Fackellauf: Ich habe im Vorfeld mitverfolgt, wie viel Engagement, Begeisterung, Stolz und vor allem Selbstbewusstsein er den Fackelträgern und ihren Freunden und Familien verliehen hat; das sind Werte, die bleiben.
  • 15.000 Soldaten haben mal zwei Wochen (plus zwei bei den Paralympics) etwas wirklich Sinnvolles getan: Scanner bedient, Menschen informiert, freundlich gegrüßt - uns allen das Gefühl gegeben, dass sie nicht panisch, sondern entspannt für unsere Sicherheit sorgen (und so war es ja dann auch.)
  • Industriebrachen zu Landschaftsparks ! "It was a slum", sagte ein englischer Kollege über den Zusstand, in dem London-Stratford vor zehn Jahren war. Heute steht dort der Olympiapark: Weitläufige Promenaden, grüne Inseln entlang eines Flüsschens - BUGA-Feeling vom Feinsten. Olympia kostet Unsummen - aber die sind ja nicht verbrannt. Sie sind ein langfristiges Konjunkturprogramm.
  • Ach ja, und ganz eigennützig: Es gibt nichts Einfacheres für einen Touristen, als mit einer Akkreditierung um den Hals eine Stadt zu besichtigen, in der gerade Olympia ist. Kostenlos U-Bahn-Fahren in doppelter Taktfrequenz; überall freundliche Volunteers, die einen neugierig nach dem blauen T-Shirt fragen (sie selber haben 70.000 mal lila, wir nur 5.000 mal blau ;-) ; Stadt leer weil Einwohner in Urlaub geflüchtet ...

Gründe, gegen Olympia zu sein

  • Für die Top-Leute geht es nicht um den Olympischen Geist - sondern darum, ihren Marktwert zu erhöhen.
  • Wir hatten keine akuten Dopingfälle, trotzdem schwebt immer die Vermutung mit, dass ein Teil der Spitzenleistungen durch Betrug zustande kommt; das ist doppelt schlimm - zum einen der Betrug an sich, zum anderen beleidigt es diejenigen, die sich ihre Siege ehrlich erkämpft haben. 
  • Die Spiele machen sich selber wichtig, um auch wirklich als etwas Besonderes wahrgenommen zu werden: Eigentlich läuft da ein ganz normales Tischtennisturnier ab. Aber die besondere Schiri-Kleidung für 5000 Menschen für nur zwei Wochen unseres Lebens; die Freizeitklamotten, die wir brav durch die Stadt tragen sollten; die Hüte, die wir kein einziges Mal aufgesetzt haben - das alles wirkt irgendwie übertrieben. Vor allem, wenn man dann die gewöhnlichen, allzu menschlichen Pannen erlebt (Koreaflaggen im Fußball, Heidlers Weitenmessung, ...)
  • "Spiele hinter Gittern" - die Sicherheitsmaßnahmen waren, wenn man es sich mal in Ruhe angesehen und drüber nachgedacht hat, gespenstisch und bedrückend. Signalzäune wie zu DDR-Zeiten. Flugabwehrgeschütze auf Hochhäusern ! Im Grunde kamen Eure Livebilder direkt aus Fort Knox. Es ist klar, dass es aus politischen Gründen nicht anders geht, es war hochprofessionell und wir alle hatten Verständnis dafür. Aber es ist schade, dass es sein muss.
  • Maßlos übertriebene Werberichtlinien: Jeder Spieler darf nur EIN Logo seines eigenen Ausrüsters pro Kleidungsstück und pro Equipment tragen. Das führte nicht nur dazu, dass die Spieler an einer extra Kontrollstelle ihr Schlägerkantenband abnehmen und durch ein bereitgestelltes, logofreies ersetzen mussten - sie mussten auch ihre Taschen ausleeren, einen Trinkflaschen-, Kleidungs- usw. -Check erdulden, und Logos auf ihren Socken (!!) überkleben...
  • Die Sponsoren von Olympia sind so dumm, dass es tropft, weil sie durch lächerliche Marketing-strategien potentielle Kunden GEGEN sich aufbringen. Den absoluten Vogel abgeschossen hat dabei der Kreditkartensponsor, nennen wir ihn XYZ: Man konnte auf dem gesamten Gelände nur bar oder mit seiner XYZ-Karte zahlen, nicht aber mit anderen Kreditkarten. Und man konnte Tickets nur online und NUR mit einer XYZ-Kreditkarte bezahlen. Peinlicher geht's nicht. 
  • Das Gedränge und das ewige "Make some noise" des Hallensprechers kann einem tierisch auf den Senkel gehen.
  • Man läuft immer mal mit der etwas mulmigen Frage durch die Stadt, wie viel von den Annehmlichkeiten und schönen Seiten hinterher noch für die Bewohner dableibt und wieviel nur Fassade war. 

Ich hatte ja schon gesagt, jeder muss für sich selbst entscheiden, welche Spalte überwiegt. Ich habe die Entscheidung aber für mich auch getroffen: Ich finde, dass unter dem Strich das Gute mehr zählt als das Negative. Denn die Pro-Argumente haben auf viel mehr Menschen Auswirkungen als die Contra-Argumente. Also stiften Olympische Spiele Nutzen in der Breite - und das wiegt schwerer als die paar Betrüger unter den Medaillenträgern und als die paar Leute, die sich mit den Spielen bereichern und dabei auch noch dumm anstellen. Also, liebes IOC: Bei mir hat sich Euer kostenloses London-Ticket gelohnt. Ich halte von Eurer Veranstaltung hinterher etwas mehr als vorher. Aber hüpft nicht zu sehr an die Decke deswegen. 😎 

8 Uhr 50 ab Paddington

Bevor mich das Wichtig-Shuttle wieder vom Hotel zur Paddington Station und der Luxuszug von dort für umsonst zum Flughafen bringt: Das erste Resumee.

Auch wenn es weniger gekribbelt hat als erwartet - mein größter Wunsch ist in Erfüllung gegangen. Ich habe einen Einblick hinter die Kulisse Olympischer Spiele bekommen, wie er kaum jemandem sonst möglich ist. Ich habe vor der Reise gesagt, dass ich hinterher ein objektives Bild davon haben möchte, was für und gegen Olympische Spiele spricht. Und dass ich dieses Bild an alle Interessierten weitergeben möchte. Das ist mir jetzt möglich und wird hier in diesem Blog in den Tagen nach meiner Landung auch passieren.

Davon abgesehen habe ich über den sehr langen Zeitraum von 12 Tagen hinweg kostenlos Weltklasse-Tischtennis gesehen, bei dem alle -auch die Chinesen- nochmal 10% mehr gegeben haben als sonst. Und unser Schiedsrichterteam hat eine gute Figur gemacht und eine hervorragende Dienstleistung für dieses Turnier erbracht, das für die Spieler das wichtigste Turnier der Welt und ihres Lebens ist. Alleine dafür hat sich's schon gelohnt.

Meine 1000 GB-Speicherkarte im Kopf ist zum Überlaufen voll von Bildern aus der Halle und von 30 km Spaziergang durch London. Mal sehen, wie lange es dauert, bis sich alles gesetzt hat. In jedem Fall bin ich mir bewusst, was für eine einmalige Geschichte ich da erlebt habe. Und wenn schon keine hysterische Freude, so doch Dankbarkeit gehört zum ersten Resumee.

Ab nach Hause !

Excel-Impressionen

Mit einem Dutzend von bestimmt 200 am selben Ort gemachten Bildern möchte ich einen Eindruck von dem Ort zusammenfassen, der zwei Wochen lang mein Arbeitsplatz war, ebenso wie der Platz an dem ich in der Freizeit zig höchstklassige Spiele von der VIP-Tribüne verfolgen durfte, für die man in Summe gut 500 Pfund bezahlen hätten müssen.

1) Hier entlang zu den Ringen - am Tag vor der Eröffnung nur für mich
2) Wenlock, Torsten und Mandeville (von links); die drei, äh zwei, offiziellen Maskottchen; die Öffentlichkeit ist gespalten, ob sie nett oder hässlich sind; also ich finde sie nett.
3) Team Deutschland: Mit Claudia Möller, die über vieles genauso unaufgeregt denkt wie ich und auch kein Gedrängel ausstehen kann - da versteht man sich gleich auf Anhieb.
4) Die Draw Area, der backstage-Bereich, in dem 30 bis 60 Minuten vor dem Spiel die nötigen Auslosungen stattfinden (Teamreihenfolge, Coach-Sitzplatz, Trikotfarben, ...).

5) Es wollen bei Olympia dann doch einige Menschen Tischtennis (und Fechten, Gewichtheben, Judo und Boxen) sehen; im Unterschied zu einer WM nicht nur Fachpublikum (klatscht auch bei Kantenbällen ...)
6) Nach den Vorrunden an 4 Tischen wird für die Topspiele in einen Centercourt umgebaut
7) Interessant, was helles Licht in der Halle plus Zuschauer für ein Wandbild ergeben.
9) Bei mir stehen die Frauen Schlange (Japan und Deutschland im Call Room kurz vor dem Einlauf zu ihrem Viertelfinale).
11) Drinnen hatte Deutschland beim Halbfinale gegen China die 3/4-Mehrheit der Zuschauer. Da wollten die Chinesen im Damenendspiel wohl nichts mehr anbrennen lassen ...
12) Und zum Schluss: Aufmarsch zur Siegerehrung: Britische Soldaten tragen die Flaggen, in violett gekleidete Models bilden die "Deko" (nicht herablassend gemeint)....